Einmal um die ganze Welt-juhu

Tuesday, September 26, 2006

Im Namaqualand

Nach der wegen Uebermuedung unruhigen Nacht weckt uns der Handyalarm. Draussen ist tiefblauer Himmel und ein ueppiges Fruehstueck weckt unsere Lebensgeister. Babs, die Managerin von "Richtersveld challenge" ist sehr hilfsbereit und freundlich. Sie vermittelt uns einen zweistuendigen Crash-Kurs mit Ray im 4x4- Gelandefahren. Verflixt: so schwer haben wir uns die Umstellung auf Linksfahren und nicht die Kupplung schleifen lassen beim Gelaendefahren nicht vorgestellt, doch Uebung macht den Meister. Deswegen fahren wir gleich nach Einkauf der Nahrungsmittel und Einladen der Campingausruestung mit dem Toyota- Doppelkabiner los. Ueber gute Strassen fahren wir vorbei an Steinkopf, Port Nolloth und Alexander Bay. Ab da folgen etwa 200 km Gravelroad (Schotterpiste). Bei voelliger Dunkelheit erreichen wir erst gegen 22 Uhr Sendlingsdrift, den Eingang zum Richtersveld Nationalpark. Nach Registrierung unserer Personalien an der Diamantenkontrolle erreichten wir das Camp. Hier schlaeft bereits alles. Zum Glueck laufen uns zwei junge Arbeiter ueber den Weg, die zunaechst den Verwalter und dann in dessen Auftrag die Schluesselverantwortliche weckt. Wir erhalten die Lodge number 1, auch von der Ausstattung her Nummer 1. und direkt am Oranjeufer gelegen. Das eigentliche Tagesziel Potjespram konnten wir demnach nicht mehr erreichen.

Eri ging es die Nacht ueber nicht gut,er bellte wie ein Schlosshund. Trotzdem stimmte uns die ueber dem Oranjeriver aufgehende Sonne etwas optimistischer. Nach mehreren Info- Gespraechen mit dem Personal bezueglich der zugaenglichen Gelaendepisten, zeichnet uns schliesslich ein Namaranger die fahrbaren Wege in eine Kartenskizze ein. Wir tanken nochmal voll, dann geht es los. Eine kurze Strecke fahren wir noch auf normaler Schotterpiste, dann ploetzlich geht es steil und eng zwischen Felsen ueber grosse Geroellbrocken aufwaerts.
Bei der ueblichen Hitze wird mir gleich nochmal so heiss:ich stoppe schalte Raeder und Schalthebel auf Vierradantrieb, dann halte ich den Atem an und fahre los. Nach Bewaeltigung dieser ersten Huerde fasse ich Mut, ich hab es ja geschafft. So geht es dann, mal Eri mal ich am Steuer ueber steile Anstiege und Abhange, tiefe Loecher, scharfkantigen Felsbrocken ausweichend, zwischendrinn ueber Trockenflussbetten mit tiefem Sand. Das hier bei Regen Menschen ertrinken koennen, ist gut vorstellbar. In diesem Jahr ertrank eine fuenfkoefpdige Familie, die von einer schlammigen Flutwelle ueberrascht wurde.
Fuer die ueber ca 85 km benoetigen wir 6 Stunden! Die Landschaft die wir dabei durchfahren ist grossartig, vielleicht gerade wegen ihrer Kargheit. Unterhalb der schroffen Felswaende sind die nach Regenfaellen spriessenden gelben Daisies (Verwandte unseres Loewenzahnes) und purpurnen Mittagsblumen bereits zum Grossteil verblueht.


Dafuer erscheinen manche kargen Bergwiesen wie beschneit: massenhaft weissbluehende Mittagsblumen sind die naechste Sukzession.


Wir bestimmen einige Gewaechse: Stachelbusch (Kodon), gelbe Gazanien, violette Mittagsblumen, blaue und gelbe Astern jede Menge Elefantenohr noch ohne Blueten, sowie Felsen- und Baumaloen. Die einzigen Tiere die uns begegnen sind Karakulschafe - weisses Fell und brauner Kopf. Nur zwei mal kommen uns Gelaendewagen entgegen, die wir sicherheitshalber nach dem richtigen, schlecht angezeigten Weg fragen. Gott bewahre, dass man in dieser heissen einsamen Landschaft haengen bleibt!
Im Richtersberg- Camp direkt am Oranjeufer sind entgegen der Rangerinfos keine Schlafhuetten oder gar Personal vorhanden, dafuer fuer Maennlein und Weiblein getrennt eine kalte Dusche und ein Klo, sowie eine Stelle zum Geschirr spuelen. Im Ufersand bauen wir voellig uebermuedet (und mit Kopfweh von der Sonne und der Konzentration aufs Gelaendefahren) unser Zelt auf. Ich koche auf dem Gaskocher einen Kartoffeleintopf mit Fleisch. Waehrend dem Essen geht die Sonne blutrot unter. Schon bei voelliger Dunkelheit und Beleuchtung mittels Zusatzbatterie spuelen wir gemeinsam das Geschirr und ziehen uns ins Zelt zurueck.

Da der gute Schlaf im Zelt durch Eris Husten unterbrochen wurde, mache ich mir Sorgen, ob ein weiteres Eindringen in die Wildnis wirklich ratsam ist- was, wenn es Eri schlechter geht? Somit beschliessen wir nach Sendlingsdrift zurueck zu fahren. Schnell Gepackt und wieder die gleiche Strecke zurueck, diesmal weitgehend ich am Steuer, Gelaendefahren macht Spass! Sechs Stunden Spaeter buchen wir bei der Rezeption vom Zeltcamp Kokerboomkloof auf unsere bereits bekannte Lodge Nr. 1 um. Zunaechst heisst es der Computer zeige keine freien Plaetze an, aber nach unserer Beharrlichkeit und einem Differenzbetrag von 285 R (ca 29 Euro) klappt es. Als wir auspacken, stellen wir fest, dass im Kuehlschrank ein Wasserbehaelter geplatzt ist und mit dem Grillfleisch eine stinkende Bruehe gebildet hat. Es bewahrheitet sich der Spruch " Alles fuer die Katz", denn diese ist hocherfreut ueber die unverhoffte ueppige Mahlzeit. Hinzu gesellen sich zwei Meerkatzen (Affen), die aber eher an Diebesgut aus dem Auto interessiert sind, weshalb wir sie verjagen. Die Ersatzmahlzeit besteht aus Tomatensuppe, Kaesmakaroni und Salat. Nach einer erfrischenden und reinigenden Dusche schlafen wir 13 Stunden. einzige Unterbrechung ist Eris Inhalation mit Salzwasser und Minzoel.

So lange haben wir noch nie geschlafen! Um 11 Uhr fahren wir wieder ueber Alexanderbay bis Port Nolloth und checken im Hotel Scotia Inn ein. Ich hoffe, dass die Seeluft Eri gut tut, darum gehen wir am Strand spazieren und essen in einer gemuetlichen Kneipe, ich Fisch und Eri die besten riesigen panierten Kalamaris seines bisherigen Lebens. Unser Hotelzimmer hat zimmerhohe und wandbreite Fenster mit Seeblick, durch die wir einen herrlichen Sonnenuntergang beobachten. Stundenlang sitzen wir am Computer in der Rezeption und schreiben an unserem Tagebuch, telefonieren mit unseren Kindern und mailen.

Nach einem ueberteuerten Fruehstueck (ein Teeloeffel Marmelade = 8 R), packen wir unsere Sachen und fahren nach Springbok zurueck. Wir biegen jedoch bald suedwaerts auf eine Schotterpiste ab und fahren durch ein karges Bergland mit Diamantenabvbaugebieten. In einem Namadorf tanken wir auf und wundern uns ueber die relativ gepflegten Haeuschen der Namas sowie die vielen neuen Rohbauten. ein Schild weist darauf hin, dass es sich um ein Foerderprogramm der Diamantengesellschaft handelt. Wir verlassen die Schotterpiste der B 355 suedwaerts und geben unterwegs einem sehr durstigen Namajungen, der zu Fuss noch etliche Kilometer bis zur naechsten Ortschaft unterwegs sein wird, Wasser und Milch ab. Da er keine Flasche hat, holt er sich eine vom Strassenrand (die liegen haeufig da herum), waescht sie mit etwas Wasser und Sand, danach fuellen wir sie mit Trinkwasser auf. Da er mir Leid tut, gebe ich ihm auch eine Orange und ein Paar Trockenfruechte auf den Weg mit.
An einer Abzweigung biegen wir nach links ab, wonach es steil und auf vom Regen stark beschaedigter Piste aufwaerts zum Wildpferdepass geht. Den Skilpadpas haben in den 20-er Jahren Straeflinge gebaut, deren Lager noch als Ruine zu besichtigen ist. die Piste durchquert den Namaqua Nationalpark, beruehmt fuer seine Daisybluete, die nun leider fast voerbei ist. In Springbok angelangt sind wir froh, unser tolles Gelaendefahrzeug ohne jeden Kratzer abzugeben.Zur Feier des Tages machen wir mit Babs einen ueppigen Braai (Grillfest). Mit Bier und Amarula Likoer beschliessen wir das Richtersveld Abenteuer. Die gesamte betrug 950 km, davon mehr als die Haelfte auf Gravel road und im Gelaende.

Es ist Samstag, der 23.09. Ein dreitaegiges Wochenende steht bevor, da der Montag Hero day = neu! ist. In Suedafrika gibt es 25 Feiertage, in denen das ganze oeffentliche Leben still liegt. Somit holen wir von der Sixt Agentur das vorgebuchte Mietfahrzeug ab. Statt dem gebuchten kleinen VW Golf bekommen wir einen geraeumigeren Hunday (ein spritziger Flitzer). Mit Babs essen wir einen Eintopf, den ich aus den Braairesten mit Kartoffeln und Paprika zubereite. anschliessend fahren wir mit ihr auf der hier frisch asphaltierten B355 bis auf die Passhoehe, wo wir auf einem kleinen Abschnitt des Strassenrandes eine grosse Vielfalt von Blumen finden und fotografieren. In der Ferne weiden Springboecke und Zebras. Ein wunderbarer Sonnenuntergang ueber dem fernen Atlantik beschliesst diesen Tag.

Heute geht es ca 350 km auf der gut ausgebauten und schnurgeraden N14 zu den Augrabis Faellen des Oranje. Auf ca 100 km begegnen uns nur 5 Autos. Die eintoenigen Landschaft mit einigen trapezformigen Bergen am Horizont suggeriert uns die unendliche weite dieses Landes. Wie es zu dieser Lamndschaft kam erklaert mir Eri: Die Landschaft ist erdgeschichtlich sehr alt. Die Gebirge erodierten stark durch Regen, Wind, Eiszeiten... und das Material fuellte die Taelen zu weitraeumigen Hochflaechen. Vor Kakamas biegen wir zum Augrabis Nationalpark ab. Beide Ufer des Oranje sind hier mit Traubenplantagen und entsprechenden Weinguetern gesaeumt. Im Nationalpark herrscht ein riesiger Rummel und leider sind alle Lodges belegt (Feiertage). Eine leichter Missstimmung baut sich zwischen uns auf, weil ich von den netten Souveniers magisch angezogen bin, waehrend Eri gleich zu den Wasserfaellen will. Also kuerze ich die Besichtigung im Souveniershop murrend ab und wir gehen auf neu gebauten Stegen zum Wasserfall. Augrabis bedeutet in der Buschmannsprache "Ort des grossen Laerms". Der maechtige Strom stuerzt hier zwischen riesigen glatt geschliffenen Granitwaenden tosend 70 m in die Tiefe.


Besonders diese Felswaende mit grossen kreisrunden Erosionstoepfen haben es mir angetan. Wir trinken einen Kaffee und fahren zunaechst bei blendendem Gegenlicht und schliesslich bei Dunkelheit nach Springbok zurueck. In den letzten Strahlen der Abendsonne leuchten die trockenen Graeser golden und neigen sich im Wind ostwaerts. Die Berge wirken wie schwarze liegende Riesen darin.

Regen in Springbok, das haetten wir nicht erwartet. ausserdem ist es empfindlich kalt draussen. Deshalb troedeln wir, besichtigen eine Buecher und Souvenierladen mit Mineralien, trinken Kaffee im Wimpi's und fahren erst gegen Mittag bei sich besserndem Wetter zum Goegap Nature Reserve. Wir besichtigen zunaechst hinter dem Infozentrum denkleinen aber gut bestueckten botanischen Garten, fotografieren und bestimmen darin einige Blumenarten. Eine vierstuendige Wanderung zwischen Granitfelsen, meist verbluehten Sukulenten, Kocherbaeumen u.a. Straeuchern erfreut uns und lockert unsere vom vielen Autofahren steifen Gliedmassen. In der Abenddaemmerung fahren wir noch nach Concordia einer Bergwerkssiedlung. In ihrer Naehe besichtigen wir ein seltenes geologisches Phaenomen: den Orbicule Granit. er weist eigrosse Strukturen auf. Eri erklaert die Entstehung dieser Graniteier durch ein Absinken der Temperatur in der Granitschmelze. Dadurch wirkten die wenigen bereits vorhandenen Kristalle in der Schmelze als rapide Kristallisationskeime, um die herum feinkoerniger Granit auskristallisierte.

Die letzte Nacht in Springbok war schon wieder wenig geruhsam: orkanartig der Wind lies im Kamin ein Blech mehrmals laut scheppernd umfallen und eine Maus machte sich ueber unsere Vorraete knabbernd her. Den Vormittag verbringen wir im Internet Cafe, zu Mittag geben wir unser Auto wieder ab und besuchen noch schnell das oertliche Museum. Es ist ein Sammelsurium in einer ehemaligen Synagoge. Um 18.00 Uhr bringt uns Babs zur Mainliner Station, wir verabschieden uns dankend von dieser netten und hilfsbereiten Frau und fahren schliesslich los. Eine zwoelfstuendige Fahrt im Sleepliner (umklappbare Lehnen und Fussstuetzen) bringt uns aus Suedafrika nach Windhoek, der Hauptstadt Namibias. Erwaehnenswert sind die ueberaus unnahbaren und autoritaeren Grenzbeamten auf der namibianischen Seite.

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