Einmal um die ganze Welt-juhu

Friday, October 20, 2006

Bei den Buschleuten

Am 18.10. verlassen wir den Caprivibereich und fahren die B8 suedwestwaerts zurueck. Nach 196 km biegen wir rechts in die D 3016 (ordentliche Grevelroad) westwaerts und fahren 78 km entlang von Rinderfarmen diese Piste. Ein Schild weist endlich darauf hin, dass wir auf dem richtigen Weg zu dem von uns gesuchten Baobabbaum sind. Wir muessen links abbiegen und weitere 18 km bis zu einem kleinen Parkplatz mit Betontisch und - Baenken fahren. ab da gehen wir zu Fuss etwa 10 Minuten ueber Farmland und sehen schliesslich schon von Weitem den riesigen Baobabbaum.

Als wir vor dem zum Naturdenkmal deklarierten etwa 3000 jahre alten Baum stehen sind wir von seinen gigantischen Ausmassen sehr beeindruckt. Ich breite meine Arme seitlich aus und messe so seinen Umfang: es sind 12 solcher Armspannen, bis ich einmal um den Baum herum komme, also grob 18 m.


Wir fahren nun wieder auf die D 3016 und weiter bis zu den Treesleepers. Hier haben wir uns von unterwegs telefonisch angekuendigt. Adolf, ein junger Sanguide, erwartet uns, weist uns unsere Baumplattform fuer das Zelt samt Sanitaerhaeuschen aus Schilf, dann geht es los zur Villagetour (100 N$ p.P).


Wir besuchen 2 Familien unterschiedlicher Sanstaemme (die Hei!!kom und die !gunk- !! sind Klicklaute, die am Gaumen hinter den Schneidezaehnen gebildet werden). Adolf begruesst den Familienaeltesten sehr Wortreich wobei er unser Anliegen darstellt. Beeindruckend war diese hoefliche und wuerdevolle Zeremonie, die im starken Kontrast zu den elenden Bedingungen unter denen diese Menschen leben. Seit sie aus der Etosha vertrieben wurden und nicht mehr jagen duerfen, wurde ihnen ihre traditionelle Lebensgrundlage entzogen. Sie leben von staatlichen Minimalsubventionen (eine Art Sozialhilfe) in traditionellen Grashuetten (z.T. mit Lumpen verkleidet) und warten auf die Zuteilung von "Brickhouses" (gemauerte Haeuschen mit Wellblechdach). "Treesleepers" ist ein hollaendisches Projekt zur Selbsthilfe. "Hei!!kom" bedeutet in der Sansprache "Baumschlaefer". Adolf erklaert, dass Jaeger, die an enem Tag kein Jagdglueck hatten nicht ohne Beute zum Stamm zurueckkehren konnten. Somit mussten sie zum Schutz vor Loewen auf einem Baum schlafen und am naechsten Tag erneut auf Jagd gehen.
Wir fragen den Aeltesten wie alt er sei und er antwortet: (uebersetzt) "ich war nie in der Schule, also kann ich nicht zaehlen wie viele Jahre ich alt bin". Um den alten Mann herum sitzen weitere Maenner, Frauen und Kinder.


Es ist sehr ruhig hier. Etwas abseits, zwischen den Huetten kraeht ein Radio, auf dessen Musik Kinder von ganz klein bis Pubertaetsalter miteinander sehr rhythmisch tanzen- wie lange muessten wir das wohl in der Schule ueben?!


In der zweiten Familie vollzieht sich die Begegnung aehnlich. Wir beobachten auch einen Vater, der seinem Sohn das Drahtauto repariert.


Vom Aeltesten dieser Familie kaufen wir einen schoenen Haengeschmuck mit gravierten Makalaninuessen, Holzperlen und Schoten.
Zum Abschied ueberreichen wir den Aeltesten als Dank fuer ihre Gastfreundschaft Nahrungsmittel und sprechen gute Wuensche fuer sie und ihre Familie aus, die sie sehr wuerdevoll in Afrikaans "danki, danki" erwiedern. Wir verlassen die Familien und sind auch nachtraeglich noch von der Harmonie, die sowohl zwischen den Kindern als auch den Erwachsenen zu beobachten war, innerlich sehr bewegt.
Auf dem langen Fussweg zum Camp zurueck zeigt Adolf uns sie bereits errichteten Brickhouses, eine katholische Kirche (insgesamt sind 4 Konfessionen in diesem Ort zu finden, also 4 Kirchen), die von einem Hilfsprojekt aus Obrigheim unterstuetzte Schule und den gut besuchten Bottlestore, von dem moderne Musik in die Abenddaemmerung droehnt.
Als wir am Camp ankommen, ist es bereits dunkel. Adolf verabschiedet sich und wir essen kalt, da der Benzinkocher wieder streikt. Beim Schein des Lagerfeuers sitzen wir noch etwas auf unserer "Empore", dann verziehen wir uns ins Zelt und die Grillen zirpen uns das Nachtlied. Wir sind ganz allein in der Wildnis! Nachts fegt ein Gewitter ueber unser Zelt, angesichts der Schwuehle sind wir ueber diese Erfrischung sehr erfreut.

Morgens ist das Zelt schon wieder trocken, da nach dem Regen ein heftiger Wind geblasen hat. Bei aufgehender Sonne duschen wir in "unserem Strohbad",

bauen das Zelt ab und fruehstuecken ein Broetchen mit Kaese und gruenem Paprika. Dazu trinken wir einen suesslichen Fruchtjogurt- passt zwar nicht zusammen aber es saettigt!
Um 8.00 Uhr holt uns Paul zu einem Bushwalk ab. 2,5 Stunden fuehrt er uns einen praeparierten Pfad (Lehrpfad) entlang und erklaert und demonstriert uns die Nutzung verschiedener Pflanzen und Pflanzenteile, z.B. Pfeilgift aus der Milch des Tambutibaum- stammes, Pfeil und Boegen sowie Schnaps aus dem Brandyberrybush, Mark der Makalanipalme als Nahrung, rote Mesotobeeren als Klebefallen fuer Voegel... Er zeigt uns wie eine Vogelfalle funktioniert,

wie Termiten gefangen werden (Anlockung durch brennende Stoecke und darunter eine Fallgrube; Termiten werden geroestet und dienen als Nahrungsvorrat), wie Honig von Wildbienen geerntet wird (Grashalm an eine trinkende Biene angebracht, die dann langsamer fliegt und bis zum Bienenstock verfolgt werden kann), wie fette Maden vom Mopanebaum verwertet werden (getrocknete Nahrung, Darminhalt mit Pflanzenoel vermischt als Hautcreme)

und wie in der Regenzeit Termitenpilze geerntet werden. Paul zeigt uns auch, wie die Spuren verschiedener Tiere aussehen und wie man ihr Alter schaetzen kann. Wir duerfen auch das Schiessen mit Pfeil und Bogen ausprobieren, allerdings nur auf eine Jutematte und ohne Gift. Zum Abschluss kleidet sich Paul in einem Kral auf traditionelle Weise mit Lendenschurz., der ausgebreitet auch als Schlafunterlage dient. Wir bedauern, dass solch umfangreiches Naturwissen mit dem Uebergang in die Moderne verloren geht.


Ueber eine gute Gravelroad erreichen wir Tsumeb, wo wir uns wieder bei Mousebird bei Heiko und Moni einquartieren. Die Nacht ist grauenhaft, da Eri starken Schnupfen (aircondition bei der Fahrt zu den Vic. falls) hat, kaum Luft bekommt uns sich staendig hin und her waelzt. Auch rebelliert mein Darm aus mir unersichtlichen Gruenden. Uebrigens ist die Matratze durchgelegen. Dem wird heute morgens Abhilfe geschaffen, indem wir sie durch eine Matratze aus einem anderen Zimmer tauschen und Eri inhaliert. Der programmlose Tag kommt uns als Erholung gelegen. Wir beschliessen, erst weiter zu fahren, wenn Eri sich gut fuehlt. Zudem verzichten wir wegen der vorzeitig eingesetzten Regenzeit (erhoehtes Malariarisiko) auf die Fahrt an den Kunenefluss ins Himbaland. Nachts kommt ein wahnsinniges Gewitter auf, ganz in der Naehe hat es eingeschlagen.

Wir fahren durch die Otaviberge (aus Stromatolitenkalk), vorbei an Farmen, deren Baeume nach dem Regen ziemlich gruen aussehen. Ueber Nacht sind beiderseits der Strasse grosse weisse Lilien aufgeblueht. In Omaruru kehren wir wieder in Evas B+B ein und geniessen die herzliche Gastfreundschaft von Eva und Reimund. Ganz liebevoll wird Eri mit Klosterfrau Melissengeist abend verarztet und tatsaechlich geht es ihm am naechsten Morgen schon viel besser.
Da Eri noch immer ziemlich schlapp ist beschliessen wir diesen Tag zu faulenzen. Wir plaudern mit unseren Gastgebern und Sonja und Nicki (Inhaber von Arifu- Tours). Bei einem kurzen Spaziergang zum Franketurm (Hererokrieg 1905) ueberrascht uns ein Gewitterschauer mit Fingerkuppen dicken Hagelkoernern, so dass wir schnell zurueck laufen. Doch schon eine halbe Stunde spaeter koennen wir wieder losgehen, der Spuk ist vorbei. Abends besorgt uns Reimund leckere Pizzas und anschliessend sehen wir nach langer Zeit fern: Schumi's Kampf bei der Formel 1 WM. Auch wir kaempfen nachher - mit dem Schlaf.

Auf der Fahrt nach Swakopmund machen wir eine kurze Kaffepause in Karibib, einer ehemals florierenden Goldminenstadt. Im Henkert Tourist Center koennen wir beim Weben von Teppichen und Schleifen von Halbedelsteinen zusehen. Hier werden allerlei Kunstgegenstaende verkauft. Hinter Usakos verlassen wir die Asphaltstrasse und fahren ueber eine Schotterpiste Richtung Erongo Gebirge. Dieses majestaetische Gebirgsmassiv gipfelt im schroffen Hohenstein (ueber 2000 m hoch), der nur klettertechnisch mit Fuehrer bestiegen werden kann. Weiter geht die Fahrt zur Spitzkoppe, dem "Matterhorn" Namibias. Unweit des wasserlosen rustikalen Campingplatzes versuchen uns zwei sehr junge Frauen mit einer ganzen Kinderschar Mineralien und selbst gebastelten Schmuck aus Makadamianuessen zu verkaufen. Wir nehmen ihnen auch einiges ab und versorgen sie mit etwas Gemuese, Obst und Wasser.



Eine schauderhafte Sandpiste fuehrt uns sued- westwaerts 88 km weit durch die Namib- Steinwueste an die Atlantikkueste nach Hentjesbay, kein Mensch weit und breit. Da darf auch gar nichts schief gehen, sonst ist man verloren! Die Kuestenstrasse ist eine festgefahrene Strasse aus Salz und fast so gut wie Asphalt. Trotz dichtem Nebel und einbrechender Dunkelheit erreichen wir Swakopmund heil. In einem kleinen Haeuschen mit Zweibettzimmer im Municipility Camp richten wir uns haeuslich ein und schlafen dank Seeluft zum ersten mal richtig gut.

0 Comments:



<< Home