Einmal um die ganze Welt-juhu

Sunday, November 12, 2006

Namib-Wüste (Bericht von Eri)

Endlich, am 09.11. sind wir mit unserem Fahrzeug startbereit und fahren von Swakopmund bis Walfischbay auf asphaltierter Strasse (so ein Luxus!). Die beginnende rote Namibwüste erkennen wir an den sich bereits hier auftürmenden hohen Dünen. Da der Kuiseb in Küstennähe im Sand versickert, stellte er nunmehr kein Hindernis für die Dünen dar, so dass sie allmählich nordwärts auf Swakopmund zu wandern.

Im Gegensatz zum malerischen und vom Jugenstil geprägten Swakopmund strahlt die am Reißbrett entworfenen Hafenstadt Walfischbay englische Nüchternheit aus: unterschiedliche historische Voraussetzungen im 19. Jahrhundert. Im Süden von Walfischbay befindet sich eine große Lagune, dich mit Wasservögeln wie Flamingos und Möwen bevölkert. Jenseits der Strandstraße reihen sich Luxusvillen aneinander. In deren Gärten sieht man, wer hier die körperliche Arbeit verrichtet: Schwarze wie auch sonst im Lande.
















Auf der C 14 durchqueren wir den Namib-Naukluft-Park. Für die Hauptstrecken benötigt man keinen kostenpflichtigen Permit von der Naturschutzbehörde. Im tief eingeschnittenen Kuiseb-Canyon machen wir eine Mittagspause und vezehren eine Melone. Wir gedenken dabei der beiden Geologen (Buch: "Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste", Autor Henno Martin), die hier dem 2. Weltkrieg für einige Zeit auswichen. Paradox: Dem Nazi-Wahnsinn wichen sie nach Namibia aus, heir jedoch suchten sie die Engländer zwecks Interierung als vermutete deutsch Spione!


Die Gegend wird zunehmend bergig und die Piste schraubt sich in Kurven immer höher auf über 1000 Höhenmeter. Vorbei geht es an der malerisch gelegenenen Nobellodge Rostock-Ritz, die wir auch besichtigen aber als zu teuer befinden. Am Nachmittag erreichen wir Solitaire, eine aus Tankstelle, Shop, Lodge und Campsite bestehende Siedlung, die ihrem Namen "Einsame" alle Ehre macht. Für 260 N$ p.P. einschließlich Frühstück beziehen wir ein nettes Zimmer in der von Nmas geführten Lodge. Im Inneren des Resorts ist ein großer Pool, umgeben von einem üppig grünen Rasen- solche Kontraste gibt es in Namibia ... Wie genießen das kühlende Bad und genehmigen uns anschließend ein gutes Abendessen.


Früh morgens geht die Fahrt weiter nach Westen, auf einem Umweg über den Remhoogte Pass, Tagesziel ungewiss. der Pass erklimmt steil das Eskarpment (westliche Steilstufe) bis auf die Hochfläche in 1600 m Höhe. Beiderseits der Piste geht es Steil zu Tafelbergen hinauf, deren Kuppen durch wiederstandsfähigen Schwarzkalk vor Erosion geschützt sind. Die Landschaft ist kahl, jedoch vielfarbig.


Im tief eingeschnittenen Rivier des Noab erscheinen Bäume, die eine malerisch gelegene Schaffarm als grüne Oase erscheinen lassen. Wir trinken hier einen Kaffee und unterhalten uns mit dem tief gläubigen Farmerehepaar, das hier ohne elektrischen Strom und weitab jeglicher Zivilisation lebt. Die 3 Kinder sind seit dem ersten Schuljahr in Internatsschulen in Windhoek.















Die Weiterfahrt Richtung Sesriem, dem Eingang zur Namib Wüste führt in südwestliche Richtung und am Südrand der Naukluftberge vorbei. Nur selten begegnen wir Autos, die jedoch jedesmal eine riesige Staubwolke aufwirbeln, so dass wir schnell vor der Begegnung die Fenster schließen und kurzzeitig fast blind fahren. Gelegentlich begegnen wir auch zweirädrigen Fuhrwerken der Namas. Ein kurzer Abstecher zur Campsite des Naukluft Parks begeistert uns durch die wilde Berglandschaft. Die von hier aus möglichen mehrstündigen bis mehrtägigen Wanderungen sind bei der derzeitigen Hitze eher nicht empfehlenswert, wir jedenfalls verzichten darauf.
Im Rivier des Tsauchab machen wir Kaffeepause beim Tsauchab Camp. Niki und Joan, die Inhaber dieser netten Herberge plaudern mit uns und wir entschließen uns angesichts der freundlichen Aufnahme zumindest eine Nacht hier zu verbringen. Joan fertigt in seiner Freizeit aus Metallschrott Kunstwerke an, die einheimische Tiere darstellen.



Während der Plauderei fällt uns plötzlich auf, dass der VW Bus ganz schief hängt - wir haben einen Platten. Glück im Unglück: Joan hat einen Reifenservice, den einzigen weit und breit. Der Reifen ist vollständig durchgewalkt, so dass Joan telefonisch aus Windhoek einen neuen bestellt (1400 N$) . Da wir nicht auf dem Ersatzreifen weiter fahren wollen, beschließen wir, einige Tage hier zu verbringen.


Unser Entschluss wird durch die nette Unterkunft in einer schmucken Hütte weit ab der Farm bekräftigt. Die Hütte liegt unten am Rivierufer, ist mit Solarlicht ausgestattet, während im Außenbereich abends Petroleumlicht angemacht wird.


Joan erzählte uns, dass in dieser Gegend häufig Schlangen und Leoparden anzutreffen sind. Er erschlug nur wenige Tage vor unserem Eintreffen eine Puffotter im Haus, unweit seiner am Boden spielenden einjährigen Tochter. Mit etwas gemischten Gefühlen starten wir früh morgens, mit Wanderstöcken bewaffnet, auf eine mehrstündige Bergtour entlang des Kudutrails. Nach der Durchquerung des Riviers geht es zunächst flach und dann zunehmend steil bergauf bis zum Mt. Urikos. Obwohl es nur 300 Höhenmeter sind, machen uns die schnell steigenden Temperaturen ziemlich schlapp.


Eine wunderbare Aussicht zu den stark gefalteten Naukluftbergen im Norden und den tafelförmigen Tsarisbergen im Süden belohnt uns für unsere Mühe. Wir erfrischen uns mit dem inzwischen warm gewordenen Wasser und steigen wieder vorsichtig ab. Unterwegs entdecke ich auf einer Platte Muschelfossilien, deren Alter ich auf ca. 300 Mio. Jahre schätze (Etjo - Sandstein?). Koos, der auf dieser Farm sein Praktikum zur Guideausbildung absolviert, führt uns das Tsauchabrivier und erklärt uns Interessantes zur Pflanzen und Tierwelt. Er glaubt eine neue Skorpionart entdeckt zu haben, die nicht wie üblich auf dem Boden, sondern auf Bäumen lebt (sein Spezialgebiet sind Skorpione!). Unterwegs kommen wir auch zu einem Areal, wo nur hier anzutreffende (endemische) Art von Lebenden Steinen anzutreffen ist. Diese Pflanzen sind von den sie umgebenden Steinen kaum zu unterscheiden.


Um 4:30 stehen wir auf, richten uns und fahren nach Sesriem, ca. 70 km weit auf Schotter- und Sandpisten. Eine am Straßenrand weidende Herde Oryxantilopen laufen schreckhaft davon, die Tiere springen über den Weidezaun, dabei bleibt eine Antilope im Zaun hängen und stürzt darüber. Sie läuft anschließend noch einige Schritte torkelnd weiter , stürzt wieder und bleibt reglos liegen. Da wir die Einfahrt zu dieser Farm verpasst haben, melden wir dentraurigen Vorfall bei der benachbarten Bethesda Lodge. Man verspricht uns, nach dem Tier zu sehen und so fahren wir weiter. In Sesriem, dem Eingang zum Sossusvlei (Vlei bedeutet auf Afrikaans Tal) tanken wir, schütten 2 l Öl nach und holen uns den nötigen Permit. Die frisch asphaltierte Straße folgt dem Trockental des Tsauchab.


Beiderseits des breiten Tales, welches dicht mit gelbem Trockengras und ab und zu grünen Akazien bewachsen ist, türmen sich nach und nach immer höhere rotbraune Dünen. Im Morgenlicht erscheinen sie je nach Einstrahlung der Sonne orange, dunkelrot oder braun. Zwecks Forschung sind die Dünen nummeriert.


















Auf die aus Spielfilmen her bekannte Düne 45 steigen wir hoch, eine schon in den Morgenstunden schweistreibende Angelegenheit. Da wir bei jedem Schritt einsinken und zurückrutschen fällt uns Lenins Spruch ein: "Drei Schritte vor, zwei Schritte zurück..."


Mit uns krabbeln im Sand blauschwarze Käfer um die Wette, kleine Spinnen und Ameisen sowie eine Raupe. Ein possierlicher Wüstengecko, der abwechselnd je ein Vorder- und ein gegenüber liegendes Hinterbein hebt um es vom heißen Sand abzukühlen, flüchtet rasch vor dem Fotoapparat. Eines haben die Tiere gemeinsam, bei drohender Gefahr verkriechen sie sich im Sand. Der blauschwarze Taukäfer hat eine besondere Technik Wasser zu trinken: er macht einen Kopfstand und lässt die Tautropfen von seinem Bauch in die Mundöffnung fließen.

Endlich stehen wir auf dem Gipfelgrat der 200 m hohen Düne und trinken die Wasserflasche leer. Nach ausreichendem Rundumblicken und bestaunen der unwirklich schönen Landschaft rutschen wir mit den Sandkörnern ins Tal zurück.















Am Ende der 70 km langen Asphaltstraße warten Allradfahrzeuge auf Kundschaft, die wie wir nur ein 2x4 Fahrzeug haben. Wir entdecken auf der Suche nach einer Mitfahrgelegenheit Blessing, unseren Guide aus Südafrika. Und wieder denken wir dabei "wie klein ist doch die Welt". Voll Wiedersehensfreude läd er uns zu einem Kaffee im Sesriem Camp ein. Doch zunächst fahren wir mit einem barfüßigen Dünenexperten namens Bushman zum Endparkplatz des Sossusvlei. Die Fahrt bis dahin geht über eine tiefgründige Sandpiste, in der schon manches Fahrzeug trotz Allradantrieb stecken geblieben ist. Unterwegs füttert uns Bushman mit Informationen über Dünen, deren Alter, Entstehung, sichelförmige Wanderdünen sowie Flora und Fauna dieses Gebietes. Der Parkplatz befindet sich unterhalb einer Querdüne, die das Tal völlig abschließt. Selbst bei Regen und entsprechend hohem Wasserstand versickert hier der Tsauchab und gelangt als Grundwasser unter den Dünen zum Meer. Ab dem Parkplatz unternehmen wir eine eine Wanderung zum Deadvlei, einer großen, weißen Salzpfanne mit abgestorbenen Bäumen.


















Vor Jahrtausenden floss der Tsauchab bis hierher, bis eine Wanderdüne ihm den Weg versperrte. Mangels Wasserzufluss starben hier fast alle Bäume ab. Mangels Feuchtigkeit kann das Holz nicht verfaulen, es wirkt eher mumifiziert.







Wir bestaunen einen Springbock, der sich in diese lebensfeindliche Umgebung begeben hat. Auch im Sand wächst zum Teil grünes Gras und sprießen spärliche hübsche Blumen, die vermutlich ihre Feuchtigkeit vom Küstennebel empfangen.

Nach so vielen wunderbaren heißen Wüstenerlebnissen brauchen wir dringend einen Kaffee, den uns Blessing wie versprochen im Camp serviert. Er ist mit einer anderen Reisegruppe unterwegs zu den Viktoriafällen und kann es kaum fassen, uns nach 2 Monaten an diesem wüsten Ort zu begegnen.

Nach dem Plausch mit Blessing fahren wir zum nahe gelegenen Sesriemcanyon. Während der Eiszeit hat hier der Fluss einen engen Canyon in das Konglomeratgestein gesägt. Lange halten wir uns allerdings in dieser Schlucht nicht auf, da uns die Nachmittagshitze arg zusetzt.

Wir fahren zurück zum Tsauchabcamp. Leider müssen wir feststellen, dass die Leute von der Bethesda entweder nicht nach dem Tier ausschau gehalten oder den Vorfall nicht weiter gemeldet haben. Die Antilope liegt mit dick aufgeblähtem Bauch noch immer an der gleichen Stelle. Joan erklärt es damit, dass die beiden benachbarten Farmen wegen Konkurenzstreit nach Gästen verfeindet sind. Und das in einer Wildnis, in der man auf gegenseitige Hilfe angewiesen ist! Schade um das gute Fleisch. Ein Trost bleibt, Raubtiere kommen auf diese Weise auch zu einer leichten Beute.
Wir erfrischenden uns und waschen den Wüstenstaub bei einem Bad in der Zisterne, hier nennt man sie Damm. Anschließend genießen wir ein fürstliches Mahl und verabschieden uns von der gastfreundlichen Familie.

0 Comments:



<< Home